SESAM: KLEINER SCHATZ, GROßE WIRKUNG – UNSER REZEPT FüR SESAMFLADENBROT

Manchmal sind es im Leben die kleinen Dinge, die große Auswirkungen haben. Und man sagt ja auch „klein aber fein“, und das passt ganz gut zu unserem heutigen Thema: Sesam. Die kleinen Samen sind recht unscheinbar, werden hier und da zum Backen verwendet oder verfeinern allerlei Speisen. Und dabei sind die ölreichen Samen wirkungsvoller, als man glaubt, denn sie sind ausgesprochen nahrhaft und geschmacksintensiv. Dennoch ist vielen Menschen nicht bewusst, was für eine bedeutungsvolle Pflanze Sesam tatsächlich ist.

Sesam ist eine der ältesten gezielt kultivierten Pflanzen und diente als solche bereits in der Bronzezeit (2200–800 v. Chr.) zur Ölgewinnung, war aber vorher schon bekannt, was Aufzeichnungen der Indus-Kultur aus dem Zeitraum circa 3500–3050 v. Chr. belegen. Aus Südasien gelangte er nach Arabien und Mesopotamien. Dort avancierte er schnell zu einem beliebten Lebensmittel, was sich auch heute noch in der Küche dieser Region widerspiegelt. Wie bedeutungsvoll er ist, versteht man, wenn man den Hintergrund der magischen Formel „Sesam, öffne dich!“ aus dem Märchen „Alibaba und die 40 Räuber“ kennt, einer Geschichte aus der weltberühmten Sammlung morgenländischer Erzählungen „Tausendundeine Nacht“.

In dem Märchen findet der einfache Holzhacker Ali Baba Zugang zu einer mystischen Höhle, in der der gewaltige Schatz einer Räuberbande liegt. Durch Zufall hört er die Losung zum Öffnen des geheimen Felsentors, die da lautet: „Sesam, öffne dich!“ Die Geschichte ist so hübsch, da sie im übertragenen Sinne zeigt, wie wertvoll der Sesam war, denn die Bauern jener Zeit warteten stets ungeduldig darauf, dass die steinharten Fruchtkapseln der Sesampflanze sich öffnen und ihren Schatz, die Samen, preisgeben. Um also an Reichtümer zu gelangen, bedarf es Geduld und kleiner, unscheinbarer Samen. Wie ich es eingangs bereits sagte, es sind oft die kleinen Dinge im Leben, die einen Unterschied machen.

Angebaut wurde die Pflanze aber auch später von den antiken Griechen und Römern. So hat man beispielsweise in den Ruinen von Pompeji Sesam und Spuren von Sesamanbau gefunden. Heutzutage werden jedes Jahr weltweit etwa 6,74 Millionen Tonnen Sesam produziert, so die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Größter Produzent ist der Sudan, gefolgt von Indien. Auch China ist in den Top 10 vertreten, produziert aber weniger als Myanmar, Tansania oder Nigeria.

Als Lebensmittel ist Sesam ziemlich international, zugleich Bestandteil von orientalischen Fladenbroten und westlichen Burgerbuns, sowie auf den gedämpften Baobuns Asiens zu finden. Vermahlen zu einer Paste ist er vor allem als Tahina bekannt und verfeinert als solcher den beliebten Hummus oder Baba ganoush. Auch in China ist Sesam als Paste bekannt und wird dort „Zhi ma jiang“ genannt. In Japan und Korea wird geröstetes Sesam mit Meersalz vermahlen und als Gomashio respektive Kkaesogeum zu Reisgerichten serviert.

Bekannt ist bei uns mittlerweile auch die nordafrikanische Nuss-Sesam-Mischung Dukkah, welche mit Olivenöl zu Fladenbroten serviert wird. Dann sind da allerlei Süßigkeiten, die der Sesam bereichert, sogar moderne Snacks, Sesamriegel mit Honig und so weiter. Nicht zu vergessen auch die Öle, kaltgepresst oder aus geröstetem Sesam verfeinern sie weltweit Gerichte und liefern oft einen länderspezifischen Geschmack, so besonders geröstetes Sesamöl, welches viele Menschen mit Süd-Ost-Asien verbinden.

Auch ernährungsphysiologisch kann der Sesam punkten, denn er ist ausgesprochen selenreich, hat beachtliche Mengen an Calcium und ist reich an Ölsäure, Linolsäure und Sterolen. Und sogar pharmazeutisch findet das Öl des Sesams Anwendung, vor allem in Salben aufgrund seiner pflegenden Eigenschaften für trockene Haut. Er wird seinem fast vergessenen Ruf als kleiner Schatz mit großer Wirkung also gerecht.

Als Rezept gibt es etwas ganz Simples von mir, ein Sesamfladenbrot, so wie man es vielleicht bereits in der Antike gemacht hat. Füllen können Sie es mit allerlei frischen Salaten und Kräutern, gegrilltem Gemüse, vielleicht einer Soße aus Joghurt, mit Falafel, Fleisch und Geflügel, Tofu oder Käse wie Halloumi und Feta. Oder genießen Sie es mit etwas Honig. Wie es Ihnen eben beliebt, aber stellen Sie sich beim Backen des Fladenbrotes mal einen Bauern in Mesopotamien vor, wie er vor circa 4000 Jahren in seinem Sesamfeld steht und sich wünscht „Sesam, öffne dich!“.

Probieren Sie das Brot auch mal pur, so ähnlich kann es vor vielen Tausenden Jahren auch schon geschmeckt haben. Machen Sie das, dann betrachten Sie die kleinen Samen vielleicht mit anderen Augen und freuen sich vielleicht wie ich an den kleinen, aber wertvollen Glücksbringern.

Zutaten: 2 Tassen Weizenmehl (Typ 405 oder 550), 1/2 Teelöffel Salz, 3/4 Tasse warmes Wasser, 2 Esslöffel Olivenöl, 2 Esslöffel Sesamsamen

Zubereitung: In einer Schüssel vermischen wir das Weizenmehl und Salz. Dann geben wir das warme Wasser hinzu und kneten den Teig mit den Händen, bis er glatt und elastisch ist.

Dann eine gute halbe Stunde ruhen lassen und anschließend in vier gleich große Stücke teilen. Jedes Stück zu einer dünnen Scheibe (2 bis 3 Millimeter) ausrollen. In einer Pfanne bei mittlerer bis dreiviertel Hitze etwas Olivenöl erhitzen. Tipp: Die Pfanne muss durch und durch erhitzt sein, also gut fünf bis zehn Minuten warten, bevor man das Öl hineingibt. Nun legen wir eine Teigscheibe in die Pfanne und bestreuen sie mit Sesamsamen. Die Fladen dann für etwa 2 bis 3 Minuten auf jeder Seite zu Broten backen, bis sie goldbraun und knusprig sind. Natürlich warm servieren. Viel Spaß!

Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.

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